Montag, 06 Oktober 2025 17:41

Augsburg – die Wasserstadt mit Geschichte und Charakter

Rate this item
(0 votes)
Wasserkanäle und Brunnen prägen das Herz von Augsburg. Wasserkanäle und Brunnen prägen das Herz von Augsburg. Foto: Pixabay

Augsburg ist keine Stadt am Meer, und doch ist Wasser hier allgegenwärtig. Dutzende Kanäle durchziehen die Altstadt, auf Plätzen sprudeln prachtvolle Brunnen, und das leise Plätschern begleitet Besucher auf Schritt und Tritt. Seit 2019 gehört das Augsburger Wassermanagement-System zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es ist ein Symbol jahrhundertealter Ingenieurskunst und zugleich ein lebendiges Stück Stadtgeschichte. Wer Augsburg besucht, erlebt eine Stadt, die sich ihrer Vergangenheit bewusst ist und zugleich offen für moderne Ideen bleibt.

Inhaltsverzeichnis:

Das römische Erbe und die Entstehung des Wassersystems

Schon die Römer wussten um die Bedeutung des Wassers. Im Jahr 15 vor Christus gründeten sie Augusta Vindelicorum und leiteten als Erste Wasser in den Ort. Damit legten sie den Grundstein für das, was sich später zu einem hochentwickelten Versorgungssystem entwickelte. Über Jahrhunderte wurde das Netz aus Kanälen, Bächen und Wasserwerken perfektioniert.

Heute durchziehen mehr als 150 Kilometer Wasserläufe die Stadt. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das im Lechviertel – einem Teil der Altstadt, der von engen Gassen, Brücken und kleinen Wasserarmen geprägt ist. Hier, wo früher Gerber und Weber arbeiteten, dreht sich noch immer ein hölzernes Wasserrad an der Schwibbogengasse. Es erinnert daran, wie eng das Handwerk und das Wasser miteinander verbunden waren.

Die Augsburger nutzten die Kraft des Wassers für Mühlen und Handwerksbetriebe. Auch die industrielle Entwicklung verdankt sich diesem Element. Noch heute sind an vielen Stellen kleine Wasserkraftwerke zu sehen. Sogar Biber haben hier ihren Lebensraum zurückgewonnen, für sie wurden spezielle Rutschen gebaut.

Vom Roten Tor bis zum Rathausplatz – Wassertechnik der Renaissance

Ein Höhepunkt jeder Wassertour ist das Wasserwerk am Roten Tor. Seit dem 15. Jahrhundert diente es der Trinkwasserversorgung Augsburgs. Die Anlage bestand aus drei Wassertürmen, einem Viadukt und mehreren Brunnenmeisterhäusern. Mithilfe von archimedischen Schrauben konnte Wasser bergauf gepumpt werden – eine technische Sensation ihrer Zeit.

Zwischen 1416 und 1879 versorgte das Werk die Stadt zuverlässig. Die Geschwindigkeit des Lechflusses trieb die Schrauben an, die sauberes Wasser aus dem Brunnenbach in die höher gelegenen Viertel beförderten. Diese Erfindung machte Augsburg zu einer der ersten Städte Europas mit moderner Trinkwasserversorgung.

Im Rahmen einer Führung können Besucher auch die prachtvollen Renaissance-Brunnen bestaunen. Zu den bekanntesten zählen:

  1. Der Augustusbrunnen auf dem Rathausplatz mit vier Wassergottheiten, die die Flüsse Lech, Wertach, Brunnenbach und Singold symbolisieren.
  2. Der Herkulesbrunnen auf der Maximilianstraße, ein Meisterwerk aus Bronze.
  3. Der Merkurbrunnen, der die Handelsbedeutung Augsburgs im 16. Jahrhundert widerspiegelt.

Die Fuggerei – Leben mit Wasser und Geschichte

Ein weiteres Wahrzeichen Augsburgs ist die Fuggerei. Sie wurde 1521 von der Kaufmannsfamilie Fugger gegründet und gilt als die älteste Sozialsiedlung der Welt. In 142 Wohnungen leben bis heute Menschen mit geringem Einkommen, die katholischen Glaubens sind. Die Jahresmiete beträgt symbolische 0,88 Euro, dazu kommen drei tägliche Gebete.

Die Anlage verfügt über eigene Brunnenhöfe, die einst der Wasserversorgung dienten. Heute besitzen die Häuser moderne Badezimmer, aber der Geist der Geschichte bleibt spürbar. Besonders sehenswert ist die Museumswohnung in der Mittleren Gasse 13/14. Dort zeigen originale Möbel, wie die Bewohner zwischen 1521 und 1944 lebten.

Die Fuggerei ist ein Ort der Ruhe und Besinnung. Ihre schmalen Gassen, kleinen Gärten und schlichten Fassaden machen sie zu einem einzigartigen Ensemble.

Eisenbahn, Reisen und moderne Erreichbarkeit

Augsburg ist seit jeher gut vernetzt. Bereits 1840 erhielt die Stadt ihren ersten Bahnhof. Seit 185 Jahren fahren Züge regelmäßig zwischen München und Augsburg. Heute erreicht man die Stadt bequem per ICE aus Hamburg, Berlin, Köln, Frankfurt am Main oder München – ohne Umsteigen.

Das Bahnmuseum, eines der ältesten in Deutschland, erinnert an die Geschichte des Zugverkehrs. Es zeigt 21 Stationen, darunter den legendären Orient-Express, der einst auf seinem Weg von Paris nach Istanbul in Augsburg Halt machte.

In der Innenstadt sind die Wege kurz. Wer dennoch öffentliche Verkehrsmittel nutzt, profitiert in der City-Zone zwischen Hauptbahnhof und Rathausplatz von einer Besonderheit – die Fahrt mit Bus und Straßenbahn ist kostenlos.

Kulinarische Tradition und schwäbische Küche

Wer Augsburg besucht, sollte sich Zeit zum Genießen nehmen. Eine lokale Spezialität ist der Zwetschgendatschi, ein Hefekuchen mit Pflaumen, dessen Rezeptur bis ins Jahr 1830 zurückreicht. Er ist so beliebt, dass die Bewohner liebevoll „Datschiburger“ genannt werden.

Empfehlenswert sind:

  • Bäckerei Laxgang in der Spitalgasse 6 – die letzte Holzofenbäckerei der Stadt.
  • Konditorei-Café Euringer am Perlachberg – ideal zum Verweilen bei Kaffee und Datschi.

Auch die schwäbische Küche hat hier Tradition. Im Gasthaus Bauerntanz, dem ältesten Lokal Augsburgs von 1572, werden Klassiker wie Schupfnudeln mit Speck oder Kässpatzn serviert. Wer modernere Varianten bevorzugt, besucht „Die Tafeldecker in der Fuggerei“, wo bayerisch-schwäbische Tapas angeboten werden – vom Semmelknödel mit Bergkäse bis zu Fischnuggets mit Honig-Senf-Dip.

Zum Abschluss empfiehlt sich ein Besuch im „Damenhof“, einem Innenhof der Fuggerhäuser mit Wasserbecken und kühler Abendluft. Dort genießt man ein Pils aus der Brauerei Riegele, die seit 1386 in Augsburg Bier herstellt.

Übernachten in historischer Umgebung

Touristen übernachten nicht in der Fuggerei, aber in ihrer Nähe. Das Hotel Jakoberhof ist das älteste familiengeführte Haus der Stadt. Es bietet einfache, gepflegte Zimmer ab 59 Euro. Wer Komfort sucht, findet im Hotel am Alten Park ein modernes Ambiente mit Bibliothek, Apothekergarten und Meditationsraum. Doppelzimmer kosten ab 115 Euro.

Augsburgs Wasser – Quelle des Lebens und der Identität

Das Wasser bleibt das verbindende Element. Augsburg besitzt sogar ein eigenes Mineralwasser, das aus der Mozart-Quelle stammt – benannt nach Leopold Mozart, dem Vater des berühmten Komponisten. Obwohl er lieber Bier trank, erinnert die Quelle an seine Herkunft aus dieser Stadt.

Das Zusammenspiel von Geschichte, Technik und Natur macht Augsburg einzigartig. Zwischen Bächen, Brunnen und Kanälen offenbart sich eine Stadt, die ihre Vergangenheit bewahrt und gleichzeitig in Bewegung bleibt – wie das Wasser, das sie geprägt hat.

Quelle: WELT, YouTube, www.milekcorp.com/de/